Familienrecht
OLG Köln, Beschluss vom 10.04.2012, Az.: II-10 UF 21/12. Zu den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast bei der Geltendmachung von Elternunterhalt aus übergegangenem Recht durch den Träger der Sozialhilfe und zu den Voraussetzungen einer Ersatzhaftung nach § 1607 Abs. 2 BGB analog.(Vorinstanz Amtsgericht Aachen) Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Hinweisbeschluss die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Elternunterhalt, insbesondere unter Berücksichtigung der Haftungsquoten der in Betracht kommenden Unterhaltsverpflichteten dargelegt und Grundsätzliches zur Substantiierungspflicht für die Annahme einer Ersatzhaftung nach § 1607 Abs. 2 BGB ausgeführt. Dem Verfahren in der Beschwerdeinstanz lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Antragsteller – Träger der Sozialhilfe – begehrte vom Antragsgegner die Zahlung von Elternunterhalt aus übergegangenem Recht wegen ungedeckter Heimpflegekosten, da die eigenen laufenden Einkünfte der Mutter des Antragsgegners zur Finanzierung eines Heimpflegeplatzes nicht ausreichten und ungeschütztes Vermögen nicht vorhanden war. Neben dem Antragsgegner hat die Mutter sieben weitere Kinder, von denen sechs im Verfahren vom Antragsteller der Streit verkündet wurde. Nicht in das Verfahren einbezogen wurde ein Sohn, der in Spanien lebt und arbeitet und dessen Adresse dem Antragsgegner nicht bekannt ist. Der Antragsteller behauptete, Ermittlungen bei mehreren Meldeämtern hätten ergeben, dass die genaue Anschrift des in Spanien lebenden Sohnes nicht bekannt sei. Er vertrat die Ansicht, eine Inanspruchnahme dieses Sohnes scheide in analoger Anwendung des § 1607 Abs. 2 BGB aus. Der Antragsgegner behauptete eine bestimmte Höhe der Nettoeinkünfte des im Ausland lebenden Bruders und vertrat die Ansicht, der Antragsteller müsse erst das Einkommen aller übrigen Kinder, insbesondere auch das des im Ausland lebenden Kindes ermitteln, bevor er in Anspruch genommen werden könne. Das Amtsgericht – Familiengericht Aachen – hat den Zahlungsantrag abgewiesen. Auf die seitens des Antragstellers eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht den Beteiligten Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt. Die Hinweise können sie an dieser Stelle nachlesen: PDF Der Antragsteller hat im Anschluss die Beschwerde zurückgenommen und wurde des Rechtsmittels für verlustig erklärt.
BGH, Urteil vom 25.01.2012 –XII ZR 139/09. In dieser Entscheidung ging es um einen 1949 geborenen Zahnarzt, der die Abänderung eines zugunsten seiner geschiedenen, 1956 geborenen, Ehegattin durch Urteil aus dem Jahr 2005 titulierten Unterhaltsanspruchs erreichen wollte. Die Ehe war 1977 geschlossen und hieraus zwei 1979 und 1981 geborene Söhne hervorgegangen. Die Scheidung erfolgte 1999. Im Jahr 1996 hatten die Eheleute nach erfolgter Trennung 1991 einen notariellen Vertrag geschlossen, der eine vermögens- und güterrechtliche Auseinandersetzung zum Gegenstand hatte und darüber hinaus den Unterhalt der Ehegattin regelte. Die Unterhaltsregelung beinhaltete, dass die Ehegattin 50 % der – nach einem von den Parteien vereinbarten Modus – bereinigten Einnahmen aus der Zahnarztpraxis des Ehegatten erhalten sollte. Mit Wegfall der Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Kindern sollte sich die Quote auf 40 % verringern. In dem Vertrag lautete die Regelung unter Ziff. 3. und Ziff 4. „Die Unterhaltszahlung an die Erschienene zu 2 (Ehegattin) erfolgt lebenslänglich. Renteneinkommen der Erschienen zu 2 werden angerechnet…“ Eigenes Einkommen der Erschienen zu 2 durch Erwerbstätigkeit werden nicht angerechnet. Der Ehegatte verpflichtete sich in dem Vertrag zur Zahlung von mindestens DM 5.000,00 monatlich –in Folge Ergänzungsvereinbarung später DM 5.200,00-. Der tatsächlich geschuldete Unterhalt sollte im Folgejahr nach Vorlage der Gewinn –und Verlustrechnung abgerechnet werden. Bei einer Überzahlung war eine Verrechnung mit künftig monatlichen Abschlagszahlungen vorgesehen. Für den Fall, dass die Abrechnung ergeben würde, dass 1/12 der der Ehegattin zustehenden Quote weniger als DM 5.000,00 betrage, sollte zunächst trotz Verrechnungsmöglichkeit eine Fortzahlung des Abschläge von DM 5.000,00 bis durch rechtskräftiges Urteil oder Vergleich festgestellt werde, dass die Unterhaltsverpflichtung unter DM 5.000,00 liege. Dann könne bei unverschuldet erlittener Einkommenseinbuße die Abänderung durch den Ehegatten verlangt werden. Durch Urteil im Jahr 2005 wurde der Ehegatten zur Zahlung von monatlich € 2.810,83 verurteilt. Mit Abänderungsklage begehrte der Ehegatte eine Herabsetzung und Befristung. Wegen des entfallenen Kindesunterhalts wurde er durch das Amtsgericht verurteilt, ab 01.04.2008 an seine geschiedene Frau € 2.248,66 zu zahlen. Beide Parteien legten gegen die Entscheidung Berufung mit dem Ergebnis ein, dass das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil geringfügig zugunsten des Ehegatten abänderte und die Berufungen im Übrigen zurückwies. Auf die seitens des Zahnarztes hiergegen eingelegte Revision hat der BGH hat das Berufungsurteil teilweise aufgehoben sowie die Sache an das Berufungsgericht zurückgewiesen. Zwar sah auch der BGH keine Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des Ehevertrags nach § 138 BGB. Die Abänderung könne aber sowohl auf die Gesetzesänderung, als auch die geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung gestützt werden. § 1578 b BGB sei letztlich Ausformung der geänderten Senatsrechtsprechung aus dem Jahr 2006. Das abzuändernde Urteil sei jedoch 2005 ergangen. Die seitens des Berufungsgericht vorgenommen Auslegung des Ehevertrags begegne durchgreifenden revisionsrechtlichen Bedenken. Der BGH stellte hierbei auf § 323 Abs. 1 ZPO a.F. ab, wonach jeder Teil berechtigt ist, im Wege der Klage eine entsprechende Abänderung des Urteils zu verlangen, wenn im Falle der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eintritt, die für die Verurteilung zur Entrichtung der Leistungen, für die Bestimmung der Höhe der Leistungen oder der Dauer der Entrichtung maßgeblich waren. Im Rahmen des einschlägigen § 323 Abs. 1 ZPO a.F. sei auch § 313 BGB, der die Störung der Geschäftsgrundlage regele, zu beachten, vorrangig jedoch durch Auslegung zu ermitteln, ob die Parteien eine bindende Regelung zur Möglichkeit der Abänderung getroffen haben. ie Auslegung des Berufungsgerichts beruhe auf einem Auslegungsfehler. Der Umstand, dass Unterhalt teilweise abweichend von den gesetzlichen Vorgaben vereinbart worden sei, habe nicht zwingend zur Konsequenz, dass der Unterhaltsanspruch losgelöst von sämtlichen gesetzlichen Voraussetzungen ausgestaltet werden sollte, was sich daran zeige, dass die vertragliche Regelung im Übrigen an unterhaltsrechtlichen Grundsätzen angelehnt sei. Nach dem Vertrag habe das gesetzliche Unterhaltsrecht nicht ohne Einfluss auf die vertraglichen Ansprüche sein sollen. Zwar sei im Zeitpunkt der Unterhaltsvereinbarung zur lebenslangen Unterhaltszahlung verpflichtet gewesen (Heirat 1977, Scheidung 1999, Hausfrauenehe, Betreuung zweier Kinder), hinsichtlich der lebenslangen Unterhaltsverpflichtung lasse sich jedoch nicht feststellen, dass diese so mit den übrigen Regelungen des Vertrags verzahnt sei, dass sie unumstößlich sei. Gründe, weshalb eine vereinbarte lebenslange Unterhaltsrente den Charakter eines vom gesetzlichen Unterhalt losgelösten Anspruchs haben solle, seien durch das Berufungsgericht nicht benannt. Die getroffenen Feststellungen und Auslegung des Vertrags schließe eine Abänderbarkeit der Unterhaltsregelung nicht aus. Hinsichtlich der Ausübungskontrolle im Bezug auf den Ehevertrag sei auf § 313 BGB abzustellen. Gegen die Anwendung des § 242 bestünden jedenfalls Bedenken.
BGH Urteil v. 25.06.2010 – 2 StR 454/09. Es ging um einen Rechtsanwalt, der im Bereich des Medizinrechts spezialisiert war, und vom Landgericht Fulda im Jahre 2009 wegen versuchten Totschlags zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde. Er hatte seiner Mandantin dazu geraten, bei deren Mutter den Schlauch für die künstliche Ernährung durchzuschneiden. Die Mutter der Mandantin lag nach einer Hirnblutung seit Oktober 2002 fünf Jahre lang im Wachkoma und wurde in einem Pflegeheim über eine Sonde künstlich ernährt. Es war nicht mehr zu erwarten, dass sich ihr Gesundheitszustand noch einmal besserte. Im September 2002 hatte sie mündlich gegenüber ihren erwachsenen Kindern, wozu auch die Mandantin gehört, geäußert, dass sie nicht künstlich am Leben erhalten werden wolle. Die Mandantin handelte im Jahre 2007 entsprechend dem Rat ihres Anwalts und durchtrennte die Sonde, die ihre Mutter künstlich ernährte. Die Mutter wurde vom Heimpersonal anschließend noch in ein Krankenhaus gebracht, wo ihr eine neue Sonde angelegt wurde. Sie verstarb allerdings zwei Wochen später eines natürlichen Todes. Der Rechtsanwalt legte gegen das Urteil des Landgerichts Revision ein. Der BGH hat das Urteil aufgehoben und den Rechtsanwalt freigesprochen. Entscheidend ist demnach ein von dem Patienten schriftlich oder mündlich geäußerter Wille. Steht hiernach fest, dass der Patient mit einer lebensverlängernden Behandlung nicht einverstanden ist, so muss die Behandlung eingestellt werden, unabhängig davon, ob es sich lediglich um ein Unterlassen oder ein aktives Tun handelt, das der Beendigung oder Verhinderung einer nicht oder nicht mehr gewollten Behandlung diene. Da die Mutter der Mandantin gegenüber ihren Kindern geäußert hatte, dass sie lebenserhaltende Maßnahmen ablehne, sahen die Richter das aktive Handeln in Form der Durchtrennung der Sonde als gerechtfertigt an. Passive Sterbehilfe, die zum Abbruch lebensverlängernder Behandlungen führt, ist demnach straffrei, wenn sie dem mutmaßlichen oder in einer Patientenverfügung erklärten Willen des Betroffenen entspricht. Entscheidend ist nach der neuen Rechtsprechung des BGH ein von dem Patienten schriftlich oder mündlich geäußerter Wille. Steht hiernach fest, dass der Patient mit einer lebensverlängernden Behandlung nicht einverstanden ist, so muss die Behandlung eingestellt werden, unabhängig davon, ob es sich lediglich um ein Unterlassen oder ein aktives Tun handelt, das der Beendigung oder Verhinderung einer nicht oder nicht mehr gewollten Behandlung diene. Passive Sterbehilfe, die zum Abbruch lebensverlängernder Behandlungen führt, ist demnach straffrei, wenn sie dem mutmaßlichen oder in einer Patientenverfügung erklärten Willen des Betroffenen entspricht. Mit einer so genannten Patientenverfügung nach § 1901a BGB besteht die Möglichkeit, im Vorhinein Regelungen bezüglich nicht unmittelbar bevorstehender ärztlicher Behandlungen zu treffen, ob, wie und in welchem Umfang Behandlungen vorgenommen werden dürfen. Hierdurch kann in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe schon vorweg eingewilligt werden bzw. diese können auch schon vorweg verweigert werden. Es können alle Fragen bezüglich der genannten Maßnahmen geregelt werden, die einer Einwilligung bedürfen. Im Hinblick auf den oben genannten Fall können etwa lebenserhaltende Maßnahmen abgelehnt werden. Eine Patientenverfügung könnte z.B. wie folgt lauten: Name, Vorname Anschrift Ich erkläre hiermit für den Fall, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund einer Krankheit nicht mehr in der Lage sein werde, meinen Willen zu äußern, dass die von mir nachfolgend erklärten Regelungen gelten: Ich wünsche, dass ich von den behandelnden Ärzten keine lebensverlängernden Maßnahmen erhalte, wenn diese keine Besserung meines Gesundheitszustandes herbeiführen und mein Leiden und Sterben dadurch nur verlängert wird. Insbesondere lehne ich es ab, wenn eine natürliche Nahrungsaufnahme von mir nicht mehr möglich ist, über eine künstliche Sonde ernährt zu werden. Auch eine künstliche Beatmung lehne ich ab. Die Behandlungen der Ärzte sollen in diesem Falle darauf begrenzt sein, meine Schmerzen zu verringern, Atemnot, Übelkeit sowie Hunger und Durst auf natürlichem Wege zu stillen. Ich bestimme Herrn/Frau (Name, Anschrift) zu meinem Betreuer. Diese Person ist berechtigt, die in dieser Verfügung getroffenen Regelungen bei Unklarheiten gegenüber dem behandelnden Arzt und Pflegepersonal auszulegen und durchzusetzen. Die Erklärung kann von mir jederzeit widerrufen werden. Ort, Datum und Unterschrift
Bundesjustizministerium. Nach einer Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums (www.bmj.bund.de/ Pressemitteilung vom 04.06.2010) sollen Scheidungen in der EU künftig einfacher werden. Die EU-Justizminister legten einen entsprechenden Entwurf vor, wonach das Scheidungsrecht für Paare mit unterschiedlicher Nationalität vereinfacht werden soll. Dieser Regelung stimmten bisher 14 von 27 EU-Staaten zu. Neben Belgien, Bulgarien, Frankreich, Portugal, Spanien, Italien, Malta, Lettland, Luxemburg, Ungarn, Österreich, Rumänien und Slowenien gehört auch Deutschland dazu. Das einfachere Scheidungsrecht können demnach Ehepaare in Anspruch nehmen, die sich scheiden lassen wollen und die eine unterschiedliche Staatsangehörigkeit einer der aufgeführten EU Länder besitzen oder nationale Paare, die in einem teilnehmenden EU-Ausland leben. Bislang gab es keine einheitlichen Regelungen; aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme in den EU-Staaten kam es daher für die Beteiligten zu erschwerten Scheidungsverfahren. So konnte sich der Partner, der die Scheidung zuerst einreichte, oft einen Vorteil verschaffen. Er konnte das Land wählen, wo er Vorteile für sich sah und das für ihn günstigste Scheidungsrecht auswählen. So bestand die Möglichkeit, die Scheidung in dem Land einzureichen, wo etwa die geringsten Unterhaltszahlungen geleistet werden müssen, was häufig im Ergebnis zu Lasten der Frauen und der Kinder ging. Nun sollen einheitliche Regelungen gelten, welches nationale Recht bei Scheidungen von Paaren unterschiedlicher Staatsangehörigkeit oder nationaler Paare, die im EU-Ausland leben, anzuwenden ist. Hierbei besteht zunächst ein Wahlrecht der Paare, d.h. ihnen wird die Möglichkeit gegeben, selbst zu entscheiden, welches Scheidungsrecht zur Anwendung kommen soll. Sie können demnach frei wählen, ob sie das Scheidungsrecht ihres Wohnortes oder das ihrer Nationalität wählen. So kann z.B. ein deutsch-französisches Paar, das in Spanien lebt, zunächst selber wählen, ob es das deutsche, französische oder spanische Scheidungsrecht in Anspruch nehmen will. Treffen die Paare keine Entscheidung, so ist zunächst das Recht des Wohnortes maßgeblich. Begrenzt wird die Wahlmöglichkeit auf das Scheidungsrecht des gemeinsamen Wohnortes, das der Nationalität und das Recht des Staates, in dem das gerichtliche Scheidungsverfahren stattfindet.
OLG Koblenz – Beschluss v. 04.05.2010 – 11 UF 149/10. Hier ging es um ein italienisches Ehepaar eines sechs Jahre alten Kindes, das in Deutschland lebte und denen das gemeinsame elterliche Sorgerecht zustand. Seit Dezember 2007 lebte das Ehepaar getrennt. Seitdem lebt das Kind bei der Mutter. Nach der Trennung kam es zwischen den Eltern häufig zu Auseinandersetzungen. Die Mutter, die in Sizilien aufwuchs, beabsichtigte mit dem gemeinsamen Kind zu ihrem neuen Lebensgefährten in die Provinz Salerno nach Italien umzuziehen und beantragte beim Amtsgericht Mainz das alleinige elterliche Sorgerecht für sich. Das Amtsgericht hat den Antrag der Mutter zurückgewiesen. Hiergegen wurde von ihr Beschwerde eingelegt. Das OLG Koblenz hat die Beschwerde zurückgewiesen. Nach der Trennung der Eltern ist auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge ganz oder teilweise auf einen Elterteil allein zu übertragen, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge oder eines Teilbereichs davon sowie die Übertragung auf einen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Bei dem beabsichtigten Umzug in Ausland sind die Grundrechte des Kindesvaters auf möglichst freien Umgang mit seinem Kind und das der Kindesmutter auf örtlich freizügige Lebensgestaltung und Freizügigkeit gegeneinander abzuwägen. Für eine Entscheidung des Gerichts über die Übertragung des alleinigen Sorgerechts ist das Kindeswohl entscheidend. Die Kindesmutter müsse triftige persönliche, familiäre oder berufliche Gründe für den Umzug ins Ausland haben, die schwerer wiegen als das Umgangsrecht des Kindesvaters. Dies hat das OLG Koblenz hier verneint. Die Mutter verfüge über keine gefestigten sozialen Bindungen in der Provinz Salerno, in die das Kind einbezogen wäre. Auch die Beziehung zu dem neuen Lebensgefährten sei noch nicht gefestigt. Es sei zu erwarten, dass es nach dem Umzug zu keinem Kontakt mehr zwischen dem Vater und seinem Kind kommen wird. Die Freizügigkeit müsse daher im Hinblick auf das Kindeswohl hinter das Umgangsrecht des Kindesvaters zurücktreten.
OLG Bremen Beschluss v. 31. März 2010 – 4 WF 32/10. In diesem Fall ging es um ein getrennt lebendes Ehepaar. Während der Ehe wohnten die Eheleute mit den Kindern im Alleineigentum des Ehemannes stehenden Hauses. Seit dem Auszug des Ehemannes im Oktober 2005 wohnte die Ehefrau alleine mit den gemeinsamen Kindern im Haus. Die für das Haus anfallenden Kosten wurden von dem Ehemann allein getragen. Im Jahr 2006 wurde das Scheidungsverfahren eingeleitet. Von den Parteien wurde im Oktober 2007 vor dem OLG Bremen ein Vergleich geschlossen über den für die gemeinsamen Kinder zu zahlenden Unterhalt. In diesem hieß es: “(…) Es wird weiter davon ausgegangen, das der Beklagte von der Klägerin keine Nutzungsvergütung für die Nutzung des in seinem Eigentum stehenden Hauses…verlangt.“ Der Ehemann machte im Juni 2009 gegenüber der Ehefrau für die Nutzung des Hauses eine monatliche Nutzungsentschädigung geltend. Die Zahlung wurde von ihr abgelehnt. Das OLG Bremen entschied, dass es unerheblich sei, dass die Parteien einen Vergleich über den zu zahlenden Unterhalt für die Kinder geschlossen haben, in der festgelegt ist, dass für die Nutzung des Hauses keine Nutzungsentschädigung verlangt werden kann. Der Ehegatte, der eine Wohnung über mehrere Jahre nutzt, die im Alleineigentum des anderen Ehegatten steht, ohne dafür finanziell aufzukommen, hat eine Nutzungsvergütung zu zahlen in Höhe des objektiven Mietwertes des Hauses, wenn der Ehegatte, der in dem Haus wohnt, in finanzieller Hinsicht besser gestellt ist als der Hauseigentümer. Bei der Höhe der Nutzungsentschädigung ermittelt anhand des objektiven Mietwertes des Hauses ist das mietfreie Wohnen der Kinder zu berücksichtigen und vom objektiven Mietwert abzuziehen.
BGH Urteil v. 24.03.2010 – XII ZR 175/08. In dem Fall stritten geschiedene Eheleute über nachehelichen Unterhalt sowie dessen zeitliche Begrenzung. Nach § 1578 b BGB hängt die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Nach den Ausführungen des BGH trifft den Unterhaltspflichtigen nicht die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast. Vielmehr trifft den Unterhaltsberechtigten eine sogenannte sekundäre Darlegungslast. Wenn der Unterhaltspflichtige behauptet, dass keine ehebedingten Nachteile entstanden seien, so muss der Unterhaltsberechtigte substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile enstanden sein sollen. Vom Unterhaltspflichtigen müssen die vorgetragenen Nachteile erst dann widerlegt werden, wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt. Nach dem Urteil des BGH hat die Unterhaltsberechtigte, die zur Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem von ihr erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf in der Lage ist, Umstände dafür darzulegen, dass ihr dennoch ein Nachteil verblieben ist. Dies gilt auch, wenn sie vor der Ehe keine Berufsausbildung abgeschlossen hat im Hinblick auf eine von ihr zu verlangende – auch unqualifizierte – Berufstätigkeit. Im vorliegenden Falle fehlte es an einem substantiierten Vorbringen der Klägerin, dass ihr aufgrund ihrer fehlenden beruflichen Qualifikation ein ehebedingter Nachteil entstanden sei.
BGH Urteil v. 17.03.2010 – XII ZR 204/08. Es ging um die Abänderung eines Urteils zum nachehelichen Betreuungsunterhalts. Die Ehe der Parteien wurde 1998 geschieden. Der volljährige schwerbehinderte Sohn der Parteien lebt seitdem bei der Beklagten. Da er eine ständige persönliche Betreuung und Pflege benötigt, ist es der Beklagten nicht möglich, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. In seinem Urteil stellt der BGH klar, dass sich der Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB nicht auf die Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen minderjährigen Kindes beschränkt. Es kommt allein darauf an, ob eine persönliche Betreuung des gemeinschaftlichen Kindes aus kind- oder elternbezogenen Gründen erforderlich ist. Erfasst ist damit auch der Unterhaltsbedarf wegen Betreuung eines behinderten volljährigen Kindes. Im Hinblick auf die kindbezogenen Gründe ist deshalb zu prüfen, ob und in welchem Umfang eine persönliche Betreuung des volljährigen Kindes erforderlich ist und ob die Betreuung auch durch eine Betreuungseinrichtung erfolgen könnte. Die Eltern hatten in diesem Falle eine persönliche Betreuung des volljährigen Kindes übereinstimmend angenommen, so dass für die Bemessung des Betreuungsunterhaltes von der Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung auszugehen war. Ist der Umfang der persönlichen Betreuung danach bestimmt, so ist dieser bei der Bemessung einer Erwerbspflicht des betreuenden Elternteils zu berücksichtigen. Muss die Beklagte wie in diesem Falle ihr volljähriges behindertes Kind ständig betreuen, so scheidet für sie eine Erwerbstätigkeit aus kindbezogenen Gründen aus.
OLG Oldenburg – Beschluss v. 09.02.2010 – 13 UF 8/10. Hier ging es um ein getrennt lebendes Ehepaar, das die gemeinsame elterliche Sorge über den gemeinsamen Sohn ausübte. Nach der Trennung der Eltern im April 2009 lebte der Sohn bei der Mutter. Der Vater ist Tunesier mit moslemischem Glauben, die Mutter ist Deutsche mit katholischem Glauben. Nach der Trennung ließ die Mutter den Sohn katholisch taufen. Der Vater verlangte, dass gegenüber dem Standesamt die Erklärung über den Austritt des Sohnes aus der katholischen Kirche erfolge. Er war der Auffassung, dass nur durch den Austritt aus der katholischen Kirche gewährleistet sei, dass der Sohn sich in religiöser Hinsicht frei entwickeln könne. Die Entscheidung, welcher Glaubensgemeinschaft er angehöre, solle er später selber treffen können. Der Vater beantragte bei Gericht, dass ihm die alleinige Entscheidungsbefugnis über den Austritt des Sohnes aus der Kirche übertragen wird. Der Antrag wurde zurückgewiesen. Der Vater legte hiergegen erfolglos Beschwerde beim OLG Oldenburg ein. Das OLG entschied, dass der weltanschaulich neutrale Staat die Entscheidung über die religiöse Kindererziehung nicht dadurch treffen kann, dass einem Elternteil die alleinige Entscheidungsbefugnis hierüber übertragen wird. Das für das Kind vorzugswürdige Erziehungskonzept, in welche Glaubensrichtung es erziehen werden soll, könne nicht von dem Gericht, sondern nur von beiden Elternteilen, denen die gemeinsame elterliche Sorge zusteht, getroffen werden. Der Entscheidung des Gerichts über Einzelfragen der religiösen Erziehung des Kindes müssen Kriterien des elterlichen Sorgerechts zugrunde liegen. Entscheidend sei der Kontinuitätsgrundsatz, d.h. bei wem und in welcher Umgebung das Kind lebt und die soziale Umwelt des Kindes, wie Kindergarten, Schule etc.
BGH Urteil v. 03.02.2010 – XII ZR 189/06. In dem Fall hatten die Schwiegereltern ihrem Schwiegerkind einen Betrag von 58.000,- DM überwiesen zur Finanzierung einer Eigentumswohnung. Nachdem die Ehe gescheitert war, erhoben die Schwiegereltern Klage und verlangten den überwiesenen Geldbetrag von ihrem Schwiegerkind zurück. Der BGH gibt in seiner akuellen Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung auf, wonach Vermögensgegenstände, die Schwiegereltern dem Ehepartner des leiblichen Kindes mit Rücksicht auf dessen Ehe mit ihrem Kind und zur Begünstigung des ehelichen Zusammenlebens zukommen lassen, als „unbenannte Zuwendung“ zu qualifizieren waren, welche grundsätzlich nicht zurückverlangt werden konnten, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatten. Im vorliegenden Fall entschied nun der BGH, dass diese schwiegerelterlichen Leistungen eine „Schenkung“ darstellen, auf welche die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anwendbar sind, auch wenn das Schwiegerkind mit dem leiblichen Kind im gesetzlichen Güterstand gelebt hat. Fällt die Geschäftsgrundlage weg, d.h. dass die Ehe zwischen dem leiblichen Kind und dem Schwiegerkind nicht mehr fortbesteht und damit dem leiblichen Kind die Schenkung nicht mehr zugute kommt, haben Schwiegereltern nun die Möglichkeit, diese schwiegerelterlichen ehebezogenen Schenkungen zurückzufordern.
Bundesgerichtshof Der Bundesgerichtshof hat bereits in mehreren Entscheidungen bekräftigt, dass auch Großeltern für den Unterhalt ihrer Enkel haftbar sein können. Denn gemäß § 1601 BGB kann der Unterhaltsbedürftige von Verwandten gerader Linie, das heißt von Personen, die voneinander abstammen, Unterhalt einfordern. Bei der Unterhaltspflicht für Enkel haften alle vier Großelternteile gemeinsam. Da es sich bei dem Unterhaltsanspruch um eine Ersatzhaftung für die Eltern handelt, richtet sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs nach den Einkommensverhältnissen der Eltern. Selbst dann, wenn die Großeltern sehr wohlhabend sind und einen höheren Kindesunterhalt zahlen könnten. Da es sich bei der Unterhaltsverpflichtung der Großeltern um eine Ersatzhaftung handelt, unterliegen die Großeltern auch nicht der verschärften Unterhaltspflichtung. Die gesetzliche Unterhaltspflicht zwischen Verwandten gerader Linie besteht nicht nur in einer Richtung. So können auch Großeltern Unterhalt von den Enkelkindern verlangen. Als Voraussetzung ist zunächst die Bedürftigkeit der Großeltern festzustellen und dass die vorrangig verpflichteten Kinder nicht leistungsfähig sind. Dann sind auch Enkel verpflichtet für den Unterhalt ihrer Großeltern zu sorgen.
Bundestag Unter dem 27.06.2008 hatte der Bundestag das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, FamFG, beschlossen. Am 01.09.2009 ist die Reform in Kraft getreten. Ein großes Ziel ist es, die strukturelle Schwäche des Verfahrensrechts zu beseitigen. Bisher waren sowohl in der ZPO als auch im FGG die einschlägigen Paragraphen des Familienverfahrensrechts zu suchen und zu finden. Das Nebeneinander- und Ineinandergreifen beider Verfahrensordnungen war unübersichtlich und unstrukturiert. Mit dem neuen FamFG ist eine vollständige, moderne Verfahrensordnung mit einer verständlichen, überschaubaren Struktur in Kraft getreten. Durch die Reform ist die Zuständigkeit des Familiengerichts neu geregelt worden. Das „große Familiengericht“ wurde eingeführt. Alle Rechtsstreitigkeiten, die Ehe und Familie betreffen, finden hier ihre Zuständigkeit. Bis zur Reform des Familienrechts waren sowohl das Familiengericht als auch allgemeine Zivilabteilungen in Familiensachen zuständig. Hier fehlte es oftmals an Spezialwissen in familiären Angelegenheiten. Mit dem jetzigen „großen Familiengericht“ besteht keine Trennung des Rechtsweges mehr. So wurde unter anderem auch das Vormundschaftsgericht aufgelöst. Seine Aufgaben werden jetzt dem Familiengericht und dem neuen Betreuungsgericht übertragen. Als Vollstreckungsmittel steht dem Familiengericht das Ordnungsgeld und die Ordnungshaft zur Verfügung. So können mit der neuen Reform die Vollstreckungsmittel auch noch nach Zeitablauf der eigentlichen Angelegenheit angewendet werden. Das Familiengericht kann nunmehr auch ohne rechtsförmlichen Antrag bei Gefährdung des Kindeswohles sofort tätig werden. Notwendig ist lediglich die Kenntnisnahme des Gerichts bei einer Gefährdung. Mit der Reform unterliegt das Familiengericht gemäß § 155 FamFG dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot. Ist die Herausgabe oder der Umgang eines Kindes betroffen, ist die mündliche Verhandlung spätestens binnen eines Monats nach Eingang des Antrages durchzuführen. Um mehr Rechtssicherheit zu erreichen, sind gemäß §§ 70 ff FamFG Rechtsbeschwerden an den Bundesgerichtshof zu richten. Das Jahr 2009 hat ebenfalls zu Änderungen im Versorgungsausgleich und im Rahmen des Zugewinnausgleichs geführt. Alle Anträge, die bis zum 31.08.2009 bei dem zuständigen Gericht eingegangen sind, unterliegen dem bisherigen Recht. Anträge, die ab dem 01.09.2009 bei Gericht eingegangen sind, werden nach dem neuen Recht entschieden. Durch diesen kurzen Einblick wird bereits die umfassende Änderung des Familienrechts deutliche gemacht, die jedoch eine professionelle Beratung nicht ersetzen kann.